Ratgeber Pflege

Viele Menschen benötigen Hilfe in ihrem Alltag.
Die Leistungen aus der Pflegeversicherung stellen dabei eine wichtige Unterstützung dar.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat hierzu den Ratgeber Pflege publiziert. Dieses Informationsheft umfasst alles, was Sie zum Thema Pflege wissen sollten.

An dieser Stelle erhalten Sie Auszüge aus dem Informationsheft. Diese umfassen die wichtigsten Themen im Rahmen der ambulanten Pflege.

1. Antrag auf Pflegeleistungen

Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden; dies kann auch telefonisch erfolgen. Die Pflegekasse befindet sich bei der Krankenkasse.

Den Antrag können auch Familienangehörige, Nachbarinnen und Nachbarn oder gute Bekannte stellen, wenn sie dazu bevollmächtigt werden. Sobald der Antrag bei der Pflegekasse gestellt wird, beauftragt diese den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.

2. Feststellung der Pflegebedürftigkeit
Die Pflegekasse lässt vom Medizinischen Dienst, von anderen unabhängigen Gutachterinnen und Gutachtern oder bei knappschaftlich Versicherten vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD) ein Gutachten erstellen, um die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten und den Pflegegrad im Einzelnen zu ermitteln.

Zur Einschätzung der Pflege­bedürftigkeit und Einstufung in einen Pflegegrad kommt ein Begutachtungs­instrument zum Einsatz, das von der individuellen Pflegesituation ausgeht.

Es orientiert sich an Fragen wie:

  • Was kann die oder der Pflegebedürftige im Alltag allein leisten?
  • Welche Fähigkeiten sind noch vorhanden?
  • Wie selbstständig ist die Person?
  • Wobei benötigt sie oder er Hilfe?

Grundlage der Begutachtung ist dabei ein Pflege­bedürftigkeits­begriff, der die individuellen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit ins Zentrum stellt – unabhängig davon, ob körperlich, geistig oder psychisch bedingt. Was zählt, sind der einzelne Mensch und das Ausmaß, in dem er seinen Alltag allein bewältigen kann.

3. Pflegegrade

Fünf Pflegegrade ermöglichen es, Art und Schwere der jeweiligen Beeinträchtigungen unabhängig davon zu erfassen, ob diese körperlich, geistig oder psychisch bedingt sind. Die Pflegegrade und damit auch der Umfang der Leistungen der Pflegeversicherung orientieren sich an der Schwere der Beein-
trächtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der pflege­bedürf­tigen Person. Der Pflegegrad wird mithilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

Die fünf Pflegegrade sind abgestuft: von geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (Pflegegrad 1) bis zu schwersten Beeinträchtigungen, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergehen (Pflegegrad 5).

4. Pflegegeld

Pflegebedürftige sollen selbst darüber entscheiden können, wie und von wem sie gepflegt werden. Die Pflegeversicherung unterstützt deshalb auch, wenn sich Betroffene dafür entscheiden, statt von einem ambulanten Pflegedienst von Angehörigen, Freunden oder anderen ehrenamtlich Tätigen versorgt zu werden. Hierfür zahlt die Pflegeversicherung das sogenannte Pflegegeld.

Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ist, dass die häusliche Pflege selbst sichergestellt ist, zum Beispiel durch Angehörige oder andere ehrenamtlich tätige Pflegepersonen, und mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Das Pflegegeld wird der pfle-gebedürftigen Person von der Pflegekasse überwiesen. Diese kann über die Verwendung des Pflegegeldes frei verfügen und gibt das Pflegegeld in der Regel an die sie versorgenden und
betreuenden Personen als Anerkennung weiter. Das Pflegegeld ist wie die Sachleistung nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit gestaffelt.

5. Ambulante Pflegesachleistungen

Der ambulante Pflegedienst unterstützt Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bei der Pflege zu Hause. Er bietet Familien Unterstützung und Hilfe im Alltag, damit pflegende Angehörige zum Beispiel Beruf und Pflege sowie Betreuung besser organisieren können.

Das Leistungsangebot des ambulanten Pflegedienstes erstreckt sich über verschiedene Bereiche. Dies sind vor allem:

  • körperbezogene Pflegemaßnahmen, wie etwa Körperpflege, Ernährung, Förderung der Bewegungsfähigkeit,
  • pflegerische Betreuungsmaßnahmen, zum Beispiel Hilfe bei der Orientierung, bei der Gestaltung des Alltags oder auch bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte,
  • häusliche Krankenpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wie zum Beispiel Arzneimittelgabe, Verbandswechsel, Injektionen,
  • Beratung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen bei pflegerischen Fragestellungen, Unterstützung bei der Vermittlung von Hilfsdiensten wie Essensbelieferung oder Organisation von Fahrdiensten und Krankentransporten
    sowie
  • Hilfen bei der Haushaltsführung, zum Beispiel Kochen oder Reinigen der Wohnung.

Die ambulante Pflege ermöglicht Betroffenen, in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben.

6. Kombinationsleistungen

Um eine optimale, auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Pflege zu gewährleisten, ist es möglich, den Bezug von Pflegegeld mit der Inanspruchnahme von ambulanten Pflege-
sachleistungen zu kombinieren. Das Pflegegeld vermindert sich in diesem Fall anteilig im Verhältnis zum Wert der in Anspruch genommenen ambulanten Sachleistungen.

7. Verhinderungspflege

Macht die private Pflegeperson Urlaub oder ist sie durch Krankheit oder aus anderen Gründen vorübergehend an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegeversicherung für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege, der sogenannten Verhinderungspflege, für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr.

Die Ersatzpflege kann durch einen ambulanten Pflegedienst, durch Einzelpflegekräfte, ehrenamtlich Pflegende, aber auch durch nahe Angehörige erfolgen. Die Leistungen für die Verhinderungspflege können auch in Anspruch genommen werden, wenn die Ersatzpflege in einer Einrichtung stattfindet.

Ein Anspruch auf Verhinderungspflege besteht jedoch erst, nachdem die Pflegeperson die Pflegebedürftige beziehungsweise den Pflegebedürftigen mindestens sechs Monate in ihrer beziehungsweise seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Während der Verhinderungspflege wird bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr die Hälfte des bisher bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes weitergezahlt. Die Verhinderungspflege kann auch stundenweise in Anspruch genommen werden.

Wird die Verhinderungspflege von Personen sichergestellt, die nicht mit der pflegebedürftigen Person bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, beläuft sich die Leistung auf bis zu 1.612 Euro je Kalenderjahr.

Wird die Ersatzpflege durch nahe Angehörige oder Personen, die mit der pflegebedürftigen Person in häuslicher Gemeinschaft leben, nicht erwerbsmäßig sichergestellt, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse grundsätzlich den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades nicht überschreiten.

Wenn in diesem Fall notwendige Aufwendungen der Ersatzpflegeperson (zum Beispiel Fahrkosten oder Verdienstausfall) nachgewiesen werden, kann die Leistung auf bis zu insgesamt 1.612 Euro aufgestockt werden.

Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können im Kalenderjahr bis zu 806 Euro des noch nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrags für die Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege genutzt werden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag wird auf den Leistungsbetrag für eine Kurzzeitpflege angerechnet. Damit stehen bis zu 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung. Dies kommt insbesondere den Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Ersatzpflege benötigen und die in dieser Zeit nicht in eine vollstationäre Kurzzeitpflegeeinrichtung gehen möchten

8. Kurzzeitpflege

Viele Pflegebedürftige sind nur für eine begrenzte Zeit auf vollstationäre Pflege angewiesen, insbesondere zur Bewältigung von Krisensituationen bei der häuslichen Pflege oder übergangsweise im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt. Für sie gibt es die Kurzzeitpflege in entsprechenden zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen. Als Leistung der Pflegeversicherung kann die Kurzzeitpflege ab dem Pflegegrad 2 in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und auch eine teilstationäre Pflege nicht ausreicht.

Die Höhe der Leistung beträgt bis zu 1.774 Euro für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr. Im Kalenderjahr noch nicht in Anspruch genommene Mittel der Verhinderungspflege können auch für Leistungen der Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Dadurch kann der Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 3.386 Euro im Kalenderjahr erhöht werden.

9. Tagespflege / Nachtpflege

Wenn die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang gewährleistet werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist, gibt es eine Vielzahl weiterer Pflegemöglichkeiten. Eine wesentliche Unterstützung kann die Pflege und Betreuung in einer teilstationären Pflegeeinrichtung leisten.

Als teilstationäre Versorgung wird die zeitweise Betreuung im Tagesverlauf in einer Pflegeeinrichtung bezeichnet. Teilstationäre Pflege kann als Tages- oder Nachtpflege konzipiert sein. Die Tagespflege wird in der Regel von Pflegebedürftigen in Anspruch genommen, deren Angehörige tagsüber berufstätig sind.

Die Pflegebedürftigen werden meist morgens abgeholt und nachmittags nach Hause zurückgebracht. Im Rahmen der Leistungshöchstbeträge übernimmt die Pflegekasse die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie gesondert berechenbare Investitionskosten müssen dagegen grundsätzlich privat getragen werden.

Gewährt wird teilstationäre Pflege nur, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist. Die Höhe der Leistung hängt vom Pflegegrad ab. Der Anspruch gilt für Versicherte der Pflegegrade 2 bis 5. Personen des Pflegegrades 1 können ihren Entlastungsbetrag einsetzen.

Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung der beziehungsweise des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege und zurück. Neben der Tages- und Nachtpflege können die Ansprüche auf ambulante Pflegesachleistungen und/oder (anteiliges) Pflegegeld ohne Kürzung in vollem Umfang in Anspruch genommen werden.

10. Zusätzliche Entlastungsleistungen

Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich (also insgesamt bis zu 1.500 Euro im Jahr). Das gilt auch für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags.

Soweit der monatliche Entlastungsbetrag in einem Kalendermonat nicht (vollständig) ausgeschöpft worden ist, wird der verbliebene Betrag jeweils in die darauffolgenden Kalendermonate übertragen. Leistungsbeträge, die am Ende des Kalenderjahres noch nicht verbraucht worden sind, können noch bis zum Ende des darauffolgenden Kalenderhalbjahres übertragen werden.

Bei den Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36 SGB XI, für die der Entlastungsbetrag eingesetzt werden kann, handelt es sich insbesondere um pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie um Hilfen bei der Haushaltsführung. Das Gleiche gilt für ambulante Betreuungsdienste. Ausschließlich Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 können den Entlastungsbetrag außerdem ebenfalls für Leistungen zugelassener Pflegedienste im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung einsetzen. Das sind bestimmte Unterstützungsleistungen aus dem Bereich der körperbezogenen Pflegemaßnahmen, zum Beispiel Hilfen beim Duschen oder Baden.

11. Pflegehilfsmittel

Die Kosten werden von der Pflegeversicherung übernommen, wenn das beantragte Pflegehilfsmittel dazu beiträgt, die Pflege zu erleichtern und Beschwerden zu lindern, oder dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung ermöglicht. Zudem darf keine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse bestehen. Das Pflegehilfsmittel-Verzeichnis der Pflegekassen gibt eine Orientierung, welche Pflegehilfsmittel im Rahmen der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt beziehungsweise leihweise überlassen werden.

Zu den Kosten für technische Pflegehilfsmittel muss die pflegebedürftige Person einen Eigenanteil von zehn Prozent, maximal jedoch 25 Euro, zuzahlen. Größere technische Pflegehilfsmittel werden oft leihweise überlassen. Von den Kosten für Verbrauchsprodukte werden bis zu 40 Euro pro Monat von der Pflegekasse erstattet. Wenn Rollstühle oder Gehhilfen ärztlich verordnet werden, tragen die Krankenkassen die Kosten.